Arzthaftungsrecht
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler.
Dies gilt auch für den Bereich der ärztlichen Tätigkeit, der deutschlandweit im Jahr 2013 von rund 350.000 niedergelassenen bzw. in Krankenhäusern tätigen Ärzten (s. Statistik der Bundesärztekammer, Stand 31.12.2013) ausgeübt wurde.
Dabei ist jeder Arzt verpflichtet, seine Patienten den anerkannten medizinischen Standards entsprechend sorgfältig zu behandeln.
Folgende Verstöße gegen ärztliche Sorgfaltspflichten können zu einer Haftung des Arztes führen:
- Aufklärungsfehler (Behandlungsverlauf, - alternativen, Risiken)
- Behandlungsfehler (Indikation, Befunderhebung, Diagnose, Therapie, Pflege, Überwachung, nach Behandlung)
- Dokumentationsfehler (Kranken- und Pflegeunterlagen)
Entsteht dem Patienten aufgrund schuldhaften ärztlichen Verhaltens ein Schaden, hat der Arzt hierfür einzustehen. Jeder zugelassene Arzt ist deshalb verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten, um die mitunter enormen Forderungen auf Schadenersatz, Schmerzensgeld etc. abzudecken.
Darüber hinaus können Ansprüche bestehen z.B. auf Ersatz von Erwerbsschäden/ Verdienstausfall, Rentenleistungen, Haushaltsführungsschaden, Pflegekosten, vermehrten Aufwendungen.
Vermuten Sie einen Behandlungsfehler besteht die Möglichkeit, Einsicht Ihre beim Arzt/ Krankenhaus geführten Behandlungsunterlagen zu nehmen und (gegen Kostenübernahme) Kopien fertigen zu lassen. Aus den Unterlagen sollte zu ersehen sein, welche Ärzte oder welches Pflegepersonal mit bestimmten Handlungen befasst waren, welche Untersuchungen angestellt, welche Befunde erhoben und das im Einzelnen dokumentiert worden ist.
Da die Auswertung der Unterlagen einem medizinischen Laien häufig nicht möglich ist, bedarf es ggf. der Hinzuziehung Dritter. Die Ärztekammern und die Krankenversicherer bieten über Ihre Gutachterkommissionen bzw. den Medizinischen Dienst eine kostenfreie Prüfung des Behandlungsgeschehens an. Die Beauftragung eines Privatgutachters ist bei Inanspruchnahme der zuvor genannten Verfahren schon aus Kostengründen nicht zwingend erforderlich.
Der gesetzlich krankenversicherte Patient kann die Erstellung eines Gutachtens bei seiner Krankenkasse in Auftrag geben. Die Krankenkasse schaltet den MDK, den sozialmedizinischen Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung ein.
Daneben besteht sowohl für den gesetzlich, als auch für den privat krankenversicherten Patienten die Möglichkeit, ein Gutachten über die zuständige Ärztekammer einzuholen. Die Ärztekammer ist eine Berufsorganisation, der jeder Arzt als Pflichtmitglied angehört. Jedes Bundesland in Deutschland hat eine eigene Landesärztekammer. Nordrhein-Westfalen verfügt als einziges Bundesland über zwei Kammern, die Landesärztekammer Nordrhein (Düsseldorf) und die Kammer Westfalen Lippe-Lippe (Münster).
Allgemein sollten Sie berücksichtigen, dass die Bearbeitungszeit mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Unter Berücksichtigung der Verjährungsproblematik (idR 3 Jahre ab Kenntnis/ Kennenmüssen des schädigenden Ereignisses durch den Patienten) ist deshalb eine frühzeitige Begutachtung von Vorteil.
Nicht selten ergeben sich Probleme bei der Beweisbarkeit ärztlichen Fehlverhaltens.
Bei Behandlungsfehlern trägt grundsätzlich der Patient die Beweislast. Eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten tritt jedoch ein, wenn nicht nur ein einfacher, sondern ein grober ärztlicher Behandlungsfehler begangen wurde. Etwas anderes gilt beim Vorwurf eines Aufklärungsfehlers. Hier muss grds. der Arzt nachweisen, dass er den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Der Patient muss dann seinerseits darlegen, warum er bei Kenntnis aller Umstände die konkrete Behandlung abgelehnt hätte. Auch beim Verstoß gegen die Dokumentationspflicht muss der Arzt beweisen, dass er seiner ärztlichen Sorgfaltspflicht bei der Behandlung nachgekommen ist.
Die Prüfung des Behandlungsgeschehens sollte durch einen fachkundigen Mediziner erfolgen. Die Prüfung kann in der Regel weder durch den Rechtsanwalt noch durch das Gericht erfolgen. Insofern empfiehlt sich bereits außergerichtlich die Einholung eines kostenfreien Gutachtens.
Die Bewertung der Gutachterkommission bzw. des MDK ist im Hinblick auf ein gerichtliches Verfahren für beide Seiten unverbindlich. Allerdings hilft Ihnen die Bewertung, um die Erfolgsaussichten für den Nachweis eines Behandlungsfehlers einschätzen zu können. Sofern das Gutachten einen Behandlungsfehler und dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden bestätigt, empfiehlt es sich, spätestens jetzt Ansprüche beim Gegner/ Haftpflichtversicherer anzumelden.
Die Erfahrung zeigt, dass die Haftpflichtversicherer auch bei sachverständig festgestellten Behandlungsfehlern häufig berechtigte Ansprüche ablehnen und die Durchführung des Klageverfahrens unumgänglich wird.
In den meisten Fällen wird es erforderlich sein, einen Rechtsanwalt einzuschalten, der sich für die Wahrnehmung ihrer Interessen einsetzt. Insbesondere bei der gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen über 5000,00 € ist die anwaltliche Vertretung zwingend erforderlich, da diese Prozesse vor den Landgerichten geführt werden. Dort herrscht Anwaltszwang, d.h. Sie können dort nicht ohne einen Anwalt auftreten.
Im gerichtlichen Verfahren kann ein bereits über die Begutachtungsstellen (Gutachterkommission/ MDK) eingeholtes Gutachten vorgelegt werden. Dennoch wird das Gericht zumeist einen unabhängigen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen. Die hierdurch entstehenden Kosten des Sachverständigen sind letztendlich von der im Rechtsstreit unterliegenden Partei zu tragen. Für den rechtsschutzversicherten Patienten ergeben sich keine finanziellen Lasten, da der Rechtschutzversicherer zur Erstattung der Sachverständigenkosten im Verfahren verpflichtet ist. Anders sieht es beim nicht rechtsschutzversicherten Patienten aus, durch den die Verfahrensführung im Hinblick auf das Prozesskostenrisiko wohl überlegt sein sollte.
Der Patient, der mit eigenen Mitteln den Prozess nicht finanzieren kann, kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen. Diese wird durch das Gericht gewährt, wenn die Partei „bedürftig“ ist, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint.
Zu berücksichtigen ist, dass auch bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) Kosten entstehen können. Im Falle des Unterliegens des Rechtsstreits trägt der PKH-Kläger nämlich die Rechtsanwaltskosten der Gegenseite, da diese Kosten nicht von der Prozesskostenhilfe gedeckt sind.
Eine weitere Möglichkeit für den Patienten, der das Kostenrisiko scheut, ist eine Prozessfinanzierung, die in der Regel ab einem Streitwert von ca. 10.000 € an Betracht kommt.
Hierbei übernimmt der Prozessfinanzierer die gesamten Prozesskosten, d.h. Gerichtskosten, eigene und gegnerische Rechtsanwaltskosten, Kosten und Aufwendungen für Gutachter, Zeugen und Sachverständige etc. Im Gegenzug erhält der Finanzierer eine -nicht unerhebliche- Erfolgsbeteiligung.
Die Folgen eines Behandlungsfehlers sind für den Patienten sowohl in finanzieller als auch in persönlicher Hinsicht oft sehr gravierend. Hier empfiehlt sich die Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts. Gerne stehe ich Ihnen für ein kostenfreies Erstgespräch zur Verfügung. Selbstverständlich werde ich Ihnen vor einer Beauftragung die voraussichtlich entstehenden Kosten mitteilen.